Das Konzept New Work wurde bereits Ende der 1970er Jahre von dem Philosoph Frithjof Bergmann entwickelt. Er hinterfragte das System der damaligen Arbeitswelt, in der individuelle Fähigkeiten und persönliche Freiheiten meist nicht berücksichtigt wurden. Bergmann strebte mit seinem Konzept eine neue Arbeitswelt an. Selbstständigkeit, Freiheit und Teilhabe an der Gemeinschaft sollten dabei im Fokus stehen. Es handelt sich also um ein Arbeitskonzept, das sich stärker an den Bedürfnissen der Arbeitnehmer orientiert.

New Work kann in vielen Bereichen ansetzen, um den Kulturwandel in einem Unternehmen Schritt für Schritt voranzubringen: Wie viel Freiheit bekommen Mitarbeiter? Wie wird mit Fehlern umgegangen und wie soll Innovation gefördert werden? Sind Hierarchien sinnvoll und wie sieht moderne Führung aus? Auch Bürokonzepte werden neu gedacht: Einzelbüro, offene Arbeitsfläche oder mehr Homeoffice?

Genau diese Fragen hat sich unser Vereinsmitglied HASOMED bereits vor einigen Jahren gestellt und einen großen Wandel durchlebt. Um einen genauen Einblick zu erhalten, haben wir Matthias Weber in seinem neuen Firmengebäude, welches ganz im Sinne von New Work konzipiert wurde, getroffen und interviewt.

(Aufgrund einer längeren Zusammenarbeit ist das Interview in Du-Form verfasst.)

Wann und Wie bist du auf die Idee gekommen bei HASOMED New Work einzuführen?
Als ich 2017 das Unternehmen meines Vaters Peter Weber übernommen habe, stellte sich mir zuallererst die Frage: Wie möchte ich die zukünftige Arbeitswelt von HASOMED organisieren? Dabei war schnell klar, dass ich die Informations- und Netzwerklücke meines Vaters nicht allein füllen kann. Es muss einen Weg geben, das Ganze mit den Mitarbeitern im Team gemeinsam zu schaffen. Da kam das New Work-Konzept ins Spiel. Denn hier ist ein grundlegender Aspekt die vertrauensvolle Zusammenarbeit, bei der ich als Geschäftsführer auch mal Verantwortung abgeben kann und Mitarbeiter eigenständig Entscheidungen treffen, ohne dass ich im Detail drinstecke.

Wie waren die ersten Reaktionen von den Mitarbeitern als sie von der Idee gehört haben?
Angefangen haben wir damit, dass wir bekannte Methoden und Werkzeuge wie Standup-Meetings und Kanban-Boards in den Teams eingeführt haben, um mehr Agilität ins Unternehmen zu bringen. Dann haben wir schnell gemerkt, dass wir den Fokus stärker auf die Mitarbeiter, die Arbeitskultur und eine angemessene Fehlerkultur legen müssen.
Ich startete damals mit einem sehr klassisch denkenden Leiterteam, das für die neuen Methoden und Herangehensweisen nicht so offen war, wie ich mir das erhofft hatte. Letztendlich hat es zwei Jahre gedauert, ein Team zusammenzustellen, das Lust auf Neues hat und den Schritt mit mir gemeinsam wagen möchte. Das war ein langer Prozess, der nicht immer leicht war.

Welche Aspekte von New Work sind dir bei HASOMED besonders wichtig?
Am wichtigsten ist mir bei dem ganzen Prozess, dass wir einen gemeinsamen Teamspirit entwickeln, bei dem jeder Mitarbeiter sich persönlich weiterentwickeln kann und aus seiner Komfortzone gelockt wird, um gemeinsam neue Wege zu gehen. Die Mitarbeiter sollen Spaß an der Arbeit haben und sich gerne für das Unternehmen einsetzen.
Was habt ihr bereits umgesetzt und wie sind die ersten Eindrücke/Erfahrungen?
Unser Change-Prozess erstreckt sich nun über vier Jahre. In dieser Zeit haben wir wahnsinnig viel umgesetzt, von dem wir einiges auch wieder abgeschafft haben, weil es letztendlich doch nicht zu uns gepasst hat. Denn kontinuierliche Veränderung bedeutet auch, sich einzugestehen, wenn etwas nicht funktioniert. Das wichtigste dabei ist immer eine offene und ehrliche Kommunikation.
Habt ihr externe Hilfe herangezogen, um das ganze umzusetzen?
Ja, externe Hilfe ist bei dem Prozess sehr wichtig, um grundlegende Fehler zu vermeiden und den Blick von außen zu haben.

Was ist deiner Meinung nach die größte Herausforderung des ganzen Change-Prozesses?
Sich zu disziplinieren, nicht in alte Muster zurückzufallen. Man muss stets authentisch bleiben und daran glauben. Insbesondere die Geschäftsleitung muss voll dahinterstehen, sonst macht es keinen Sinn.

Wie fühlt sich der Change-Prozess für dich als Geschäftsführer an? Hast du es schnell verinnerlicht oder dauert es seine Zeit?
Da ich sehr visionär bin und den Blick immer nach vorne richte, gehe ich gerne neue Wege. Aber natürlich ist es auch ein sehr anstrengender Prozess. Vor allem zu Beginn sind es viele kleine Puzzlestücke, die man zusammenführen muss. Man muss lernen, dass es manchmal langsam vorangeht und man Stück für Stück ans Ziel kommt. Die Veränderung ist so normal geworden, dass man sich bei mir nur Sorgen machen muss, wenn sich nichts verändert.

Eine Kritik an New Work ist ja, dass dabei der Fokus auf den Mitarbeitern liegt und die Kunden und der Markt zu kurz kommen. Wie siehst du das?
Wenn man es richtig angeht, entsteht genau das Gegenteil. Durch die eigene Verantwortung der Mitarbeiter und den Blick über den Tellerrand verstehen sie viel besser, dass im Endeffekt jeder einzelne für die Beziehung mit den Kunden verantwortlich ist. Jeder Bereich im Unternehmen hat seine eigene Kundenschnittstelle und muss diese pflegen. Früher haben sich dabei nur bestimmte Bereiche wie der Support und Vertrieb beispielsweise angesprochen gefühlt.

Was würdest du anderen Unternehmern die überlegen das Konzept New Work bei sich einzuführen, sagen?
New Work funktioniert. Wenn euch das Thema interessiert, glaubt daran, kämpft dafür und ihr werdet euch als Unternehmen neu kennenlernen.


Einblicke in die neuen Räumlichkeiten von HASOMED

Passend dazu bietet unser Vereinsmitglied EUMEDIAS ein Seminar für gesundes Führungsverhalten in Zeiten von New Work an. Interesse? Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie hier: https://www.eumedias.de/news_events.html

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