Die bereits im Mai 2017 in Kraft getretene europäische Verordnung 2017/745 über Medizinprodukte (MDR) offenbarte sich spätestens ab ihrem Geltungsbeginn Ende Mai 2021 als zu praxisuntauglich und bürokratisch. Aufwendige Zertifizierungsverfahren und Kapazitätsengpässe bei den benannten Stellen erschweren seitdem die Implementierung. In Anbetracht der bislang Ende Mai 2024 auslaufenden Übergangsbestimmungen mehrten sich die Forderungen von Branchenvertreter:innen der Medizintechnik nach zügigeren Anpassungen, um insbesondere die Überführung von Bestandsprodukten in die MDR und folglich deren fortdauernde Nutzung in der Gesundheitsversorgung sicherzustellen.
Die zu Beginn des Jahres von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Änderungen an der MDR wurden nun vom EU-Parlament per Schnellverfahren am 16.02.2023 beschlossen.
In der Hauptsache verlängern sich somit die Übergangsfristen bis mindestens 26.05.2026 (für implantierbare Sonderanfertigungen der Klasse III) bzw. 31.12.2027 (für implantierbare Produkte der Klasse IIb und übrige Klasse III-Produkte) und spätestens zum 31.12.2028 (betrifft übrige Klasse IIb-Produkte, Produkte der Klasse IIa und Produkte der Klasse I, für die gemäß MDR eine benannte Stelle einzubeziehen ist, bspw. Im, Ir, Is).
Die Abverkaufsregelung entfällt, so dass bereits in den Verkehr gebrachte sichere und wichtige Medizinprodukte den Patient:innen auch künftig (d. h. bis zum Ende der bisherigen Abverkaufsfrist Ende Mai 2028) zur Verfügung stehen.
Der Geschäftsführer des Bundesverbands Medizintechnologie (BVMed), Dr. Marc-Pierre Möll, begrüßte die schnelle Entscheidung in einer Pressemitteilung vom 16.02.2023 als „…ein gutes Signal für die medizinische Versorgung der Patient:innen und den Medizinprodukte-Standort Europa…“. Der BVMed mahnte aber zugleich und zu Recht an, „dass die MDR strategisch weiterentwickelt werden muss, damit Europa im schärfer werdenden Innovationswettbewerb gegenüber den USA und Asien nicht weiter an Boden verliert.“
Möll ergänzt hierzu: „Wenn wir mehr und mehr Forschung und Entwicklung durch Abwanderung verlieren, dann verlieren wir damit nicht nur viele kluge Köpfe, sondern künftig auch Produktion und Wertschöpfung in Europa. Wir müssen deshalb jetzt daran arbeiten, die Rolle Europas als attraktive Region für Investitionen in medizintechnische Innovationen wieder zu stärken. Mit unserem innovationsstarken Mittelstand haben wir dafür die besten Voraussetzungen.“
Quelle: https://www.bvmed.de/de/bvmed/presse/pressemeldungen/bvmed-begruesst-mdr-aenderungen-marktzugang-in-europa-muss-strategisch-weiterentwickelt-werden